Eine liebgewonnene Tradition wird fortgesetzt: Die Deutsche Tuberöse-Sklerose-Stiftung hat bereits zum sechsten Mal ihren mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis verliehen. Die diesjährige Auszeichnung erhalten Dr. Oliver L. Eichmüller (Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien) und Dr. Nina Stefanie Corsini (Österreichische Akademie der Wissenschaften – Institut für Molekulare Biotechnologie). Die beiden Forschenden beschäftigten sich in ihrer Arbeit mit einem innovativen Forschungsansatz, der die zukünftige Forschung mit Sicherheit nachhaltig prägen wird. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag für
Menschen, die an Tuberöse Sklerose Complex erkrankt sind. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen.
In der nun ausgezeichneten, wegweisenden Arbeit wurden aus Stammzellen gewonnene Gehirnorganoide von TS-Patienten entwickelt, um die Entstehung typischer Hirnveränderungen bei Tuberöser Sklerose (TS) zu untersuchen. Gehirnorganoide sind kleine, im Labor gezüchtete Gewebestrukturen, die bestimmte Aspekte des menschlichen Gehirns nachbilden und in ihrer Struktur und Funktion frühen Entwicklungsstadien des Gehirns ähneln.
Wie in den Gehirnen von TS-Patient*innen bildeten sich auch in den gezüchteten Gewebestrukturen Tumoren. Zudem zeigten die Organoide ungeordnete Areale, die den typischen Tubera der Betroffenen stark ähnelten. Bei der genaueren Analyse entdeckten die Forschenden eine spezielle
Gruppe unreifer Nervenzellen, die aufgrund geringer Mengen an TSC-Proteinen besonders anfällig für genetische Veränderungen ist und krankhaftes Wachstum zeigt. Diese Zellen, sogenannte CLIP-Zellen, konnten als gemeinsamer Ursprung von TS-Tumoren und kortikalen Tubera identifiziert werden – auch ohne vollständigen Verlust des zweiten Gens.
Mit der Studie gelang es damit erstmals, typische TS-Hirnläsionen wie Tubera und Tumore im Labor mithilfe menschlicher Hirnorganoide nachzubilden. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Modellierung der Erkrankung dar und ermöglicht tiefere Einblicke in Krankheitsmechanismen, etwa zur Entstehung epileptischer Netzwerke. Dr. Nina Corsini und Dr. Oliver Eichmüller zeigen sich zuversichtlich, dass diese Erkenntnisse in Zukunft dazu beitragen können, die Erkrankung besser zu verstehen und neue Behandlungsansätze zu entwerfen.
„Wir möchten uns für diese besondere Auszeichnung unserer Arbeit herzlich bedanken. Der Forschungspreis der deutschen TS-Stiftung zeigt die Relevanz unserer Forschung auch für Betroffene und ihre Familien und ist für uns ein besonderer Ansporn auch in Zukunft die innovative Technologie
der Gehirnorganoide zu nutzen, um zum Verständnis und zur Therapie der Tuberösen Sklerose beizutragen. Mit unseren vorherigen Arbeiten konnten wir Krankheitsabläufe im Labor nachbilden und zeigen, dass Prozesse, die so nur im Menschen stattfinden maßgeblich an der Entstehung der TS beteiligt sind. In Zukunft wollen wir versuchen unsere Patientenmodelle zu optimieren, um Therapien zu testen. Dazu leistet der Forschungspreis der TS-Stiftung nun einen wichtigen Beitrag“.
Die Preisträger wurden von einer Expertenjury unter dem Vorsitz des ehemaligen langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Charité Berlin, Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, ausgewählt. Die Verleihung des begehrten Preises übernahmen neben Prof. Dr. Einhäupl die Stifter der Deutschen Tuberöse-Sklerose-Stiftung, Anke Koch und ihr Mann Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident. Difand am Mittwochabend in den Räumlichkeiten der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wirtschaft in der Villa Bonn statt.
Anke und Roland Koch gründeten die Stiftung vor über zehn Jahren mit dem Ziel, ihr gemeinsames Engagement im Kampf gegen die Tuberöse Sklerose zu verstärken. Das Stifterpaar möchte durch die Vergabe des Forschungspreises einen Beitrag zur weiteren Erforschung der Krankheit und
insbesondere ihren Behandlungsmöglichkeiten leisten: „Tuberöse Sklerose und die Entstehung, Ursachen und Folgen der Erkrankungen sind leider nach wie vor weiten Teilen der Öffentlichkeit kaum bekannt. Es ist uns daher ein großes Anliegen, ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Lebensumstände von an Tuberöser Sklerose erkrankten Menschen zu schaffen und über die bisherigen Erkenntnisse der Erkrankung zu informieren“, so das Ehepaar Koch: „Mit diesem Preis wollen wir unsere Anerkennung und unseren Respekt gegenüber den beiden Gewinnern Dr. Oliver L. Eichmüller
und Dr. Nina Stefanie Corsini ausdrücken und hoffen, dass viele andere Forschende sich davon inspirieren lassen.“
